14. Böckinger Prominentenpredigt

Am Sonntag, den 24. Oktober 2021 hatte ich die Ehre, die 14. Böckinger Prominentenpredigt in der Auferstehungskirche halten zu dürfen:

„Wo keine Gerechtigkeit ist, ist keine Freiheit, und wo keine Freiheit ist, ist keine Gerechtigkeit!“

Die Feststellung des deutschen Schriftstellers und Dichters Johann Gottfried Seume zum ausgehenden 18. Jahrhundert ist heute nicht minder aktuell wie bereits im 8. Jahrhundert vor Christus, als der sozialkritische Prophet Amos in 5,24 zitiert wird: „Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet!“

Recht, Gerechtigkeit und Freiheit gehören für mich untrennbar zusammen, stehen neben Menschenrechte, Demokratie, Pluralismus, Gleichberechtigung und sozialen Ausgleich als verfassungsrechtlich verankerte Werte für unsere offene, liberale Gesellschaft. Doch was bedeutet Gerechtigkeit, was ist Freiheit?

Selten erlebe ich als Rechtsanwalt, dass die Frage, was gerecht ist, einhellig beschrieben oder gar übereinstimmend empfunden wird. Ein seitens des Gerichts als objektiv gerecht verstandenes Urteil, findet nicht immer die gleiche Anerkennung durch das Volk, in dessen Namen es verkündet wird.

Aber Recht soll nicht gefallen, Recht dient dem Ausgleich, der Sicherheit, soll den Frieden fördern. Nicht umsonst sieht die Zivilprozessordnung die Verständigung im Sinne eines Prozessvergleich als vorrangiges Ziel an.

Recht ist neutral, Justitia wird daher immer mit verbundenen Augen dargestellt. Recht basiert auf der Suche nach Wahrheit und nicht auf der Verteilung von Sympathien. Dies ist anstrengend, fürwahr, denn – gerade in Zeiten gezielter Fehlinformation – ist es eine Herausforderung, sich unvoreingenommen und vielseitig zu informieren, um durch eigenständiges Denken zu einem substanziellen, einem gerechten Urteil zu kommen. 

Dass auch die Anwaltschaft hierzu ihren Beitrag leistet, wenngleich nicht immer frei von Kritik wird im Ausspruch Friedrich Wilhelm I König von Preußen deutlich, der befiel, „dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennt!“. Nun denn, lieber Herr Pfarrer Dr. Rexer, ich weiß Ihre Solidarität zu schätzen …

Freilich ein Ausgleich, ein Vergleich ist nicht immer möglich. Manchmal sind die Fronten verhärtet, braucht es zur Verfahrensbeendigung eines Urteilsspruchs. Dieses Urteil, im Zweifel am Ende des Instanzenweges, zu akzeptieren, ist gleichfalls wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Rechtsstaats. Bereits um 1400 v. C. wird im 2. Buch Moses, in Exodus 23,2 diese besondere Relevanz hervorgehoben: „Schließe dich nicht der Mehrheit an, wenn sie auf der Seite des Unrechts steht“.

In der Tat: Recht kann, Recht muss aber nicht immer populär sein. Wir erleben dies auf vielen Ebenen: ob jüngst die Feststellungen des bemerkenswerten Urteils des BVerfG zum Klimaschutzgesetz, wonach „notwendige Freiheitsbeschränkungen der Zukunft in Großzügigkeiten des gegenwärtigen Klimaschutzes angelegt sind, oder die aktuelle Diskussion im Europäischen Parlament im Streit um die Entwicklung des Justizwesens in Polen, durch die nach meiner Überzeugung der Gemeinschaftssinn und das Wertefundament der Rechtsgemeinschaft ausgehöhlt wird. 

Es wird deutlich, dass wir unseren Rechtsstaat angesichts populistischer Anwürfe von Interessensgruppen jeglicher Couleur immer wieder aufs Neue verteidigen müssen. Demokratie, Freiheit und Gerichtigkeit sind nicht selbstverständlich. 

Freiheit und Gerechtigkeit erfahren im Alten wie im Neuen Testament eine große Bedeutung. Welchen Beitrag, lieber Herr Pfarrer Dr. Rexer, kann die Kirche für Gerechtigkeit, für Freiheit leisten?

Dr. Rexer:

„Jesus predigte das Reich Gottes – gekommen ist die Kirche.“

Dieser berühmt gewordene Satz von Loisy zu Beginn des 20. Jahrhunderts meint eigentlich nur den Übergang von der Verkündigung Jesu zur nachösterlichen Gemeinde, zur Kirche seit dem ersten Pfingstfest. Zugleich steckt in dem Satz eine Spannung: Die Kirche, das sind wir, lebendige Menschen, nicht die toten Steine. Und wohl niemand von uns wird behaupten, perfekt zu sein und noch nie einen Fehler gemacht zu haben. Nach biblischer Sprache sind wir daher Sünderinnen und Sünder in dieser Welt und Kirche als die Gemeinschaft der Heiligen, Sanctorum communio. Wir Menschen als Sünder und Heilige zugleich hören auf Gottes Wort und versuchen in dieser Welt, im Blick auf Gottes Reich gerecht und frei zu handeln.

Schon der Prophet Amos, auf den Sie, lieber Herr Weinmann, eingangs hinwiesen, prangert an, wie ungerecht wir Menschen miteinander umgehen, dass es Sklaven und Herren gibt.

Er weist auf Gott: „Suchet den Herrn, so werdet ihr leben.“ (Am 5,6) Und er erinnert an die Gerechtigkeit als Maßstab unseres Handelns, wenn er sagt: „Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Am 5,24)

Offenbar fällt uns Menschen gerecht handeln in dieser Welt im Blick auf Gott gar nicht so leicht. So weist uns die Bibel schon früh in Exodus 20 mit den 10 Geboten auf Gottes Regeln für ein gutes Leben: Regeln, an die wir uns halten können, Regeln, die uns helfen, wenn es Streit und Probleme gibt.

Gott gab den Israeliten die Gebote, als sie von Mose aus der Sklaverei geführt wurden. Die Israeliten sollten mit ihrer Freiheit angemessen umgehen und nicht andere unterdrücken, so, wie sie selbst unterdrückt waren. Die 10 Gebote sollten ihnen dabei eine Hilfe sein, ihre neu gewonnene Freiheit zu bewahren und auch Freiheit im Umgang mit Menschen zu ermöglichen.

Für die Israeliten waren die Gebote eine große Hilfe. Sie wussten: Gott meint es gut mit uns. Er hat uns aus der Sklaverei befreit. Er will also, dass wir als freie Menschen leben können. Und dies können wir am besten, wenn wir die Gebote Gottes beachten.

Wie schwer wir Menschen uns in dieser Welt bis heute mit Freiheit und Gerechtigkeit tun, zeigt Martin Luthers berühmte Frage: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Er hatte große Angst vor dem, was nach dem Tod kommt. Er fürchtete sich vor einem strengen, auf Einhaltung aller seiner Gesetze pochenden Gott.

Martin Luther las in der Bibel von Gottes Liebe und Treue. Dass Gott für die Schwachen da sein möchte und für die, denen Unrecht geschieht. Er entdeckte die frohe Botschaft, das Evangelium, wie Jesus einem hilft, der leidet und dem sonst niemand hilft: dem Lahmen, dem Aussätzigen, der Frau mit dem kranken Kind, dem Zöllner und vielen anderen.

Martin Luther ging ein großes Licht auf: „Gott liebt mich so, wie ich bin! Ich bin Gott recht, auch wenn ich Fehler mache! Gott kennt mein Herz. Ich brauche nur auf Jesus Christus zu schauen. Ich kann aufhören, mich zu quälen.“ Gottes Barmherzigkeit zu vertrauen machte ihn frei.

Das letzte schriftliche Dokument, das Martin Luther hinterlassen hat, ist ein kleiner Zettel. Man fand diesen Zettel nach seinem Tod auf seinem Schreibtisch. Der Text ist auf lateinisch geschrieben, nur drei Worte auf Deutsch: „Wir sind Bettler“, d.h. wir haben nichts. Wir treten mit leeren Händen vor Gott. Vor Gott können wir nicht bestehen aufgrund dessen, was wir getan haben. Am Ende gewinnt unser Leben seinen Wert nicht aus dem, was wir geleistet haben. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Leistungen. Aber er ist auch mehr als die Summe seiner Fehler und Versäumnisse.

Warum hat es diese Botschaft in unseren modernen Zeiten so schwer? Weil sie dem Lebensgefühl unserer Zeit widerspricht. Dem Lebensgefühl: „Du bist, was Du aus Dir machst. Du hast es selbst in der Hand.“ Die Botschaft – „Das Entscheidende hast Du überhaupt nicht selbst in der Hand, das Entscheidende liegt ganz in Gottes Hand.“ –  ist also eine unzeitgemäße Botschaft. Man mag über diese Botschaft zunächst erschrecken. Denn sie nimmt uns die Illusion, dass wir ganz unabhängig die Herren unseres Lebens seien. Insofern demütigt uns diese Botschaft. Aber es kann ja sein, dass einem aufgeht, diese Botschaft hat etwas Wohltuendes. Es kann sein, dass einem aufgeht, das alles Entscheidende im Leben wird einem geschenkt. Und dann kann es sein, dass sich staunende Dankbarkeit bei einem einstellt: „Das Entscheidende muss ich nicht selbst tun. Das Entscheidende tut Gott bzw. das Entscheidende hat Gott längst getan.“ Wenn einem das aufgeht, dann kann sich ein bestimmtes Lebensgefühl einstellen – das Lebensgefühl der Dankbarkeit. Aus der Dankbarkeit heraus wird man dann gerne seinem Nächsten Gutes tun. Nicht, weil man Angst hat vor einem strengen Richter. Aus erfahrener Güte entspringt eigene Güte.

EHKG-Band: „The preacher“

Nico Weinmann:

Vielen Dank der EHKG-Band für die musikalische Einlage.

 „Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Menschen kennen keine Lieder“

Die wenigen Zeilen aus Johann Gottfried Seumes Volkslied „Die Gesänge“ erklären möglicherweise, warum Heilbronn zumindest ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik die sicherste Großstadt Baden-Württembergs ist.

Aber auch beim Thema Innere Sicherheit begegnen uns Widersprüche, so liegt Innere Sicherheit auch immer im Widerspiel zwischen Wilhelm von Humbolds „Ohne Sicherheit, keine Freiheit“ einerseits und Benjamin Franklins „Wer Freiheit aufgibt um Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren“ anderseits. 

Und doch ist die Perspektive auch beim Begriff der Freiheit entscheidend. Während der Sozialphilosoph Max Horkheimer sich darauf versteifte, „Je mehr Freiheit es gibt, desto mehr wird die Gerechtigkeit dadurch gefährdet, dass die Stärkeren, Gescheiteren, Geschickteren die anderen schädigen“, möchte John Stuart Mill auf der anderen Seite jedem einzelnen Gesellschaftsmitglied zugestehen, seine individuelle Freiheit zu nutzen, das heißt, sich unabhängig von staatlichem und gesellschaftlichem Zwang nach seinem eigenen Belieben zu entfalten.

Der Appell an Maß und Mitte, an die Verhältnismäßigkeit als Korrektiv ist für mich das Mittel der Wahl. Unser zunächst als Provisorium gedachte, am 24.05.1949 in Kraft getretenes Grundgesetz hat sich dabei als Garant für Freiheit und Gerechtigkeit erwiesen.

Und dennoch: Wie passt das zur heutigen Lesung? Wir erinnern uns: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“. 

Dabei dient das Schwert in der Justiz – denken Sie an die Darstellung der Justitia – als Symbol für die Macht des Gerichtsherrn, heute des Staates. Wie die Waage seit alters her, als Attribut der Göttin, die materielle Gerechtigkeit, die Findung des Richterspruchs nach dem Abwägen der Standpunkte streitender Parteien oder der Schuld eines Angeklagten ausdrückt, so symbolisiert das Schwert in erster Linie den Vollzug des gefundenen materiellen Rechts. 

Es steht für die staatliche Ordnung, die dem Handeln der Anwälte, Richter und Staatsanwälte den institutionellen Rahmen gibt, für die Vollstreckung des Zivil- oder Strafurteils. 

Das Schwert der Justitia weist im historischen Kontext darauf hin, dass im gehegten Thingplatz, also der historischen Stätte, wo Volks- und Gerichtsversammlungen abgehalten wurden, unter der Gerichtslinde oder in der Gerichtslaube beispielsweise, sie allein die Waffe tragen darf. Alle anderen haben das gewohnte Schwert abzulegen, um die Rechtsfindung in befriedetem Raum zu ermöglichen. 

So steht das Schwert der Justitia nicht für Aggression, vielmehr für den Anspruch der Gemeinschaft, die Durchsetzung des Rechts allein durch die Justiz zu dulden und eine Selbsthilfe nicht zuzulassen.

Dr. Rexer:

Trotzdem ist das Schwert wie ein Symbol für Gewalt, für grausamstes Blutvergießen. Es trennt, messerscharf, in zwei Teile. Salomo, der weise König des Volkes Israel, hat das gewusst. Er wollte das Schwert benutzen, um ein kleines Kind zu teilen. In zwei gleichgroße Teile. Damit jeder der beiden Frauen, die behaupteten, Mutter des Kindes zu sein, je ein gleiches Teil bekommt. Allein die Drohung hat gereicht, damit es zu der Bluttat nicht kommt. Grausam ist ein solches Schwert.

Und nun redet Jesus vom Schwert. Und zwar von einem, das er bringt. Denn seine Worte sind so scharf wie ein Schwert. Jesus, der Friedensstifter, der Friedefürst, der ohne Gewalt lebte und handelte. Der bringt das Schwert, das trennt. Das Menschen entzweit, sie voneinander trennt: den Vater von seinem Sohn, die Tochter von ihrer Mutter, die Schwiegertochter von ihrer Schwiegermutter. Es gibt Feindschaft im eigenen Haus, in der eigenen Familie, weil Jesus gekommen ist. Ich denke dabei an die brutalen Konfliktherde in der weiten Welt. Mein Blick geht aber auch in unsere Gesellschaft und in unsere Gemeinden hinein.

Die Frage, wie wir uns zur Pandemie und dem Umgang mit ihr positionieren, war lange Zeit eine Meinungsfrage. Die einen so, die andern so. Jetzt geht es ums Handeln. Lässt du dich impfen oder nicht? Und plötzlich stehen sich Gruppen gegenüber, argwöhnisch, vorwurfsvoll, uneins, zerstritten. Die Dynamik nimmt zu. Die Geimpften ärgern sich, dass Rechte deswegen weiter eingeschränkt bleiben, weil zu viele sich nicht impfen lassen wollen. Die Werbung dafür, sich impfen zu lassen, empfinden viele als unangemessenen Druck. Manche unversöhnlichen Debatten finden in den Familien statt. Da, wo Menschen sich besonders nahe sind. Um des lieben Friedens willen schweigen vielleicht manche Söhne und Töchter. Oder Schwiegertöchter und Schwiegermütter schreien sich an, verletzen einander. Weil das Virus trennt, wie ein Schwert, messerscharf die einen von den anderen.

Jesus Christus spricht: Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Jesus bringt das Schwert und keinen Frieden, keine heile Welt, keine Wellness- oder Kuschelkirche. Das verunsichert. Die Jünger sind trotzdem mitgegangen, ohne zu wissen, was auf sie zukommt: Menschen von bösen Geistern zu befreien, sie von Krankheiten zu heilen. Das ist die Welt, in die Jesus gekommen ist.

Jesu Schwert trennt ohne Waffengewalt. Die Jünger erleben es, wenn sie zu den Menschen gehen. Sie werden verleumdet, angeklagt, verurteilt, abgelehnt. So zeigt sich die Welt, in die sie geschickt wurden. Es ist die Welt, in der wir leben. Menschen sind entzweit wie mit einem Schwert geteilt: unversöhnlich, unvereinbar.

Jesus sagt: Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.

Wir Menschen sind unfrei. Wir können nicht immer, wie wir gern möchten, sind gefangen in Strukturen und Ängsten, gefesselt von Traditionen und Denkmustern. Da kommen wir allein nicht raus. Wir sind bedroht von Krankheiten, von Viren und Bazillen. Manchen leiden. Andere spüren sie nicht und halten sie für eine Erfindung.

Jesu Worte trennen Menschen voneinander: In die, die ihm folgen, und die, die ihn ablehnen. So trifft das Schwert, das mit Jesus in die Welt gekommen ist, ihn auch selbst, persönlich, tödlich. „Der stört.“, haben sie gedacht und gesagt. Sie, die das Sagen hatten im Volk. Die verantwortlich waren für den Glauben. „Der ist uns im Weg. Der hält sich nicht an unsere Traditionen. Der verunsichert uns. Auf einmal soll nicht mehr gelten, was immer galt? Ich will mir den Zugang zu Gott mit meiner Frömmigkeit verdienen. Ich will das nicht geschenkt. Ich will nicht vertrauen, sondern handeln. Ich will nicht mit leeren Händen zu Gott kommen, sondern das vorweisen, was mir gelungen ist und gut war.“

Die Jünger erleben, wie das Schwert wirkt, wie es trennt und gerade nicht Frieden, Harmonie bringt. Weil es eben nicht egal ist, was jemand denkt und glaubt. Weil nicht jeder nach seiner Fasson einen Weg zu Gott findet. Das ist schmerzhaft, ein Kreuz. Das Kreuz, das jede und jeder zu tragen hat.

Jesus ruft zu sich, ihm zu vertrauen. Und die Jünger erleben, wie gut er den Menschen tut. Wie gerne sie hören, was er zu sagen hat. Wie sehr Menschen sich freuen, wenn er sie befreit und heilt. Wie sie ihm danken und nachfolgen, nichtsahnen von dem Schwert, das sich zeigen wird, dem Kreuz.

Es sieht so aus, als spräche das Kreuz eine deutliche Sprache. Es weist auf das Ende, den Tod.

Doch für die, die Jesus vertrauen, ist das Kreuz der Anfang, ein Leben ohne Gewalt und Schwert, mit Frieden, den er schenkt. Als Auferstandener spricht er uns zu, hier und jetzt: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,27)

Nico Weinmann:

Ich finde die Botschaft der heutigen Lesung so zeitlos, wie stringent: Wer sich Gott anvertraut, braucht sich nicht zu fürchten. Freiheit und Verantwortung gehören untrennbar zusammen und natürlich entbindet gesundes Gottvertrauen nicht, verantwortungsvoll mit der Schöpfung umzugehen, seinen Mitmenschen mit Respekt und Emphatie zu begegnen. 

Und dennoch ist Vertrauen und Optimismus von sprichwörtlich bergeversetzender Bedeutung. Den schönsten und bemerkenswertesten Satz hierzu habe ich jüngst von Uri Jeremias, den Feinschmeckern möglicherweise als Uri Buri bekannt, gehört, einem israelischen Koch aus Akko, dessen Eltern aus Nazi-Deutschland fliehen mussten und in dessen Restaurant Araber, Juden und Christen gemeinsam kochen, speisen und genießen. Als sein Lokal als Symbol der Koexistenz zwischen Arabern und Juden von Radikalen in Brand gesetzt wurde und er gefragt wurde, woher er die Energie habe, das Lokal wieder aufzubauen, sagte er: „Wenn einer sein ganzes Leben lang ein Pessimist ist und am letzten Tag erfährt, dass er falsch lag, dann hat er sein ganzes Leben versaut. Aber wenn er ein Optimist ist und am letzten Tag seines Lebens merkt, dass das ein Fehler war, dann hat er nur einen Tag versaut.“

Beeindruckend. Und sicherlich ganz im Sinne von Jakobus 3,18: „Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird gesät in Frieden für die, die Frieden stiften!“

Shalom!